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Zuchtvereine spielen schon von jeher in der Profiliga der Mythenerfinder. Ihre Vierbeiner stammen von legendären Löwentötern ab, haben bereits gegen Hannibal in den Alpen gekämpft oder ähnlich heldenhaftes vollbracht. Natürlich ist nicht alles frei erfunden, aber je abenteuerlicher die Geschichte, desto interessanter wird die Rasse. Käufer von Rassehunden erzählen nun mal gerne eine fesselnde Geschichte, wenn sie mal wieder auf der Straße gefragt werden: „Was ist das denn für ein toller Hund?“ Gut, zur Not tut es auch die Bemerkung: „Interessanter Mischling“. In jedem Fall wird man eine Geschichte los und hinterlässt staunende Passanten. Dass Mythen den Preis der Welpen in die Höhe treiben, ist selbstredend und je exotischer die angebliche Herkunft, desto teurer der Hund.
Doch selbst wenn ich mich nicht mit einem legendenumwitterten Rassehund schmücke, sondern mit einem Allerwelts-Köter unterwegs bin, es gibt ja schließlich noch den Urahn aller Hunde. Der Wolf ist seit Menschengedenken Gegenstand von unzähligen Mythen und Legenden und eine Menge davon schlummert natürlich auch in meinem Hund. Der Wolf ist im Positiven wie im Negativen ein wandelnder Mythos. Vom Kindesentführer bis zum spirituellen Partner des Indianers ist alles dabei. Mit der stark gestiegenen Wertigkeit des Hundes hat der Wolf in vielen Köpfen nach Jahrhunderten der Verfolgung und Ausrottung heutzutage fast einen magischen Charakter bekommen. Optisch wolfsähnliche Rassen sind sehr beliebt geworden, sogar Wolfsmischlinge sind auf dem Markt.
Um sich dieser Mythen im geschäftlichen Sinn zu bedienen, schmückt der Wolf eine ganze Menge von Hundeprodukten. Natürliche Ernährung, hundgerechte Erziehung, für alles muss der arme Wolf herhalten. Und jeder denkt dabei an das majestätische Tier aus unseren Breiten, dabei ist man sich in Fachkreisen sicher, dass der bestimmt nicht der Stammvater unserer Hunde ist. Aber ein unscheinbarer kleiner Verwandter aus China, derzeit Favorit der Forscher, macht sich einfach nicht so gut.
Über die Nahrungsmittelindustrie will ich mich gar nicht lange auslassen. Was wir und selbstverständlich auch unsere Hunde alles brauchen, um uns gesund zu ernähren, ist sensationell. Die dort tätigen Werbestrategen erfinden Inhaltsstoffe und die dazugehörigen Geschichten am laufenden Band. Und vieles davon wird man in Zukunft hoffentlich als Mythos enttarnen.
Aber auch mein eigener Berufsstand, die Hundetrainer, verbreiten im Brustton der Überzeugung Geschichten, die man als Kunde äußerst kritisch hinterfragen sollte. Natürlich kommt auch hier der Wolf zum Zuge und so spricht plötzlich alle Welt vom „Alpha“ und vom „Rudel“. Selbstverständlich haben wir aufgrund moderner Wolfsforschung auch viel über unsere Hunde und ihr Verhalten gelernt. Wir wissen dadurch mehr über das Wesen des Hundes und die Auswirkungen der Domestikation (Haustierwerdung). Aber alle Schlussfolgerungen für das Zusammenleben zwischen Mensch und Hund sind mit großer Vorsicht zu genießen. Böse ausgedrückt laufe ich nämlich auf zwei Beinen und heule nicht den Mond an. Auch wenn mir allen Ernstes manche Trainer empfehlen würden, das Revier mit meinem eigenen Urin zu markieren, um meinen Führungsanspruch darzulegen.
Vielfach bewährt hat sich auch, die Konkurrenz als Tierquäler hinzustellen. Und am besten unterlegt man das eigene Produkt mit tollen Geschichten rund um Hund und Wolf, die es dem ehemals verzweifelten Halter ermöglichen, mit seinem Hund in quasi spiritueller und biologischer Eintracht den Trainingsplatz zu verlassen.
In Anbetracht all dieser Entwicklungen lässt mich ein bestimmtes Wort immer hellhörig werden. „Artgerecht“ sei das Produkt. Manchmal ist das sogar nachweislich zutreffend, aber hinter dieser Formulierung verbergen sich nur allzugerne moderne Mythen rund um den Hund. Geschichten, die zwar nicht bewiesen aber verkaufsfördernd sind. Geschichten, die meine Methode, mein Futter, mein Zubehör besser machen, als das der Konkurrenz.
Man möchte meinen, dass mit steigendem Wissensstand die Anzahl der Märchen und Mythen abnehmen müsste. Aber seien Sie gewarnt. Wir Menschen lieben Geschichten und den Anbietern bringen sie Geld in die Kasse. Wahrheiten dagegen verkaufen sich in der Regel nicht besonders gut.
Sollten Sie „Stimmt es, dass Hunde ... ?“-Fragen haben, wenden Sie sich an die Redaktion oder schreiben Sie mir unter christiangutmann@gmx.net. Ich ergänze die Serie gerne um Ihre Fragen.
Treffen Sie Christian Gutmann persönlich
Teneriffa Süd:
Oktober, Januar Erziehungskurse (Basis, Mittelstufe und Fortgeschrittene) und April in Playa San Juan
Nach Absprache Einzelgespräch, „Hundeinsel Teneriffa“, Guia de Isora
Nach Absprache Erziehungssprechstunde in Costa del Silencio (Centro Veterenario Cruz del Sur)
Teneriffa Nord:
Nach Absprache Einzeltraining
Nähere Informationen erhalten Sie unter 648 226 128 oder auf www.hundeinsel-teneriffa.com