Steigende Flut – Kunst als Mahnmal Ein Schrei für das Leben
„Wir müssen entscheiden, welche Richtung wir als Menschheit einschlagen wollen. Ob wir uns in die Hände der Geschäftemacher begeben oder lieber in die Hände der Kinder, die die Zukunft unseres Planeten sind“, erklärte der britische Bildhauer Jason deCaires Taylor zur Einweihung seiner neuesten Skulpturen.
Der Mensch hat der Kraft der Natur nichts entgegenzusetzen, so die Botschaft der vier Reiter vor dem Castillo de San José. Lanzarote - 15.09.2016 -
Der Schöpfer des Unterwassermuseums von Lanzarote hat Anfang September ein neues Kunstwerk installiert, das er gleichsam als Mahnmal versteht. Direkt vor dem markanten Castillo de San José in der Bucht von Naos bei Arrecife hat er vier Reiter auf ihren Pferden im Meer versenkt. Die Pferdeköpfe sind bewusst der Form von Ölbohrtürmen nachempfunden. Sie sind so angebracht, dass die Figuren mit der steigenden oder sinkenden Flut, verschwinden oder auftauchen. Ein symbolkräftiges Bild. „Es ist ein Statement zum Klimawandel und es soll zeigen, wie klein wir Menschen in der Natur sind. Wir können Ebbe und Flut nicht beeinflussen und Wellen nicht aufhalten. Angesichts der Naturgewalten sind wir sehr verletzlich“, erklärt der Künstler, der mit seinen Betonfiguren eine besondere Ausdrucksform geschaffen hat, mit der er Menschen erreichen und zur Reflexion anregen möchte. Die vier Reiter auf ihren Pferden stehen an einem strategisch wichtigen Ort und empfangen den Besucher der Insel auf kunstvolle Weise. „Diese Insel atmet Kunst“ betont deCaires Taylor, der ebenso wie einst der kanarische Künstler César Manrique zur künstlerischen, zeitgenössischen Bereicherung der Insel beiträgt. Er will die Menschen dazu inspirieren, zu neuen Menschen auf einem neuen Planeten, der nicht von dem massiven menschlichen Impakt geprägt ist, zu werden. „Es ist eine Definition für das neue Verhältnis und Verständnis, das zwischen Mensch und Natur entstehen sollte. All unsere Handlungen wirken lange im ökologischen System dieses Planeten nach. Lange nachdem unsere Städte vielleicht schon verschwunden sind“, mahnt der Künstler eindringlich.
Der Tourismusrat der Insel, Echedey Eugenio, animierte zur Einweihung die Inselbevölkerung, sich dieses neue Vermächtnis bildhauerischer Kunst am Fuße des Castillo de San José, das als Museum eine interessante internationale Sammlung zeitgenössischer Kunst beherbergt, aus der Nähe zu betrachten. „Es ist ein markanter Ort, mit der besten Sicht auf die Bucht von Naos, zum Beispiel vom Panoramafenster des Restaurants „QuéMUAC“ aus. Dieser Blick wird durch das Kunstwerk „La Marea Creciente“ zusätzlich bereichert“, erklärte Eugenio. Mit der Idee und dem Werk „The Rising Tide“ (Die steigende Flut) hat der britische Bildhauer am Totally Thames Festival 2015 in London teilgenommen. Die Figuren wurden entlang des 42 Meilen langen Flusslaufs bei Vauxhall, dem Tate-Museum und dem britischen Parlament installiert. Zurück auf Lanzarote machte sich der Ökobildhauer in seiner Werkstatt daran, die Betonfiguren zu neuem Leben zu erwecken und in der Gezeitenzone unterhalb des Museums zu installieren. Ein Willkommensgruß für alle, die auf Lanzarote ankommen, aber auch eine Anregung, das eigene Verhalten zu überdenken und die Natur zu schützen. Denn am Ende, so die Botschaft, ist sie stärker als der Mensch.