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Große Höhenunterschiede werden auf kurze Distanzen schnell überwunden: so kann man sich z.B. im Winter auf dem „Roque de los Muchachos“, auf dem sich wegen der klaren und sauberen Luft eine der größten Sternwarten der Welt befindet, im Schnee tummeln und schon eine Stunde später am Strand von Puerto de Tazacorte in der Sonne räkeln und bei 20°C ein Bad im Atlantik nehmen. Beeindruckend ist die Vielfalt der Landschaft mit ihren verschiedenen Vegeta-tionszonen, den Lorbeerwäldern, den kanarischen Kiefern, den Drachenbaumhainen und den Kanarischen Palmen. So ist La Palma eher das Inselziel für den individuellen Natur- und Wanderfreund als für den eingefleischten Badetouristen. Dies hat in erster Linie damit zu tun, dass es hier wegen der überwiegenden Steilküste nur recht wenige Strände gibt, deren feiner schwarzer Vulkansand aber dennoch ein besonderer Anziehungspunkt ist.
Zwei Strände, in Los Cancajos auf der Ostseite und in Puerto de Naos auf der Westseite, besitzen die „Blaue Flagge“, die höchste Auszeichnung der EU in Bezug auf die Qualität von Strand und Wasser. Bevorzugte Wanderungen führen in den Natio-nalpark „Caldera de Taburiente“, dessen Krater mit seinen ca. 2.000 Metern als einer der tiefsten Senkkessel der Welt gilt, und auf der „Vulkanroute“, die beim „Refugio El Pilar“ oberhalb von El Paso auf der Westseite beginnt, am Bergkamm der „Cumbre“ entlang nach Fuencaliente zur Südspitze La Palmas. Im Osten wird dieser Kessel der „Caldera de Taburiente“ von den steilen Ausläufern der „Cumbre“ gesäumt, eines Gebirgszugs, der sich im Halbkreis um den Krater legt (Cumbre Nueva) und nach Süden verlängert (Cumbre Vieja).
Steckbrief La Palma
Nach dem „Pico del Teide“ (3.718 m) auf Teneriffa ist der „Roque de los Muchachos“ (2.426 m) der zweithöchste Berg auf den Kanarischen Inseln. Das Bergmassiv der „Cumbre“ teilt die Insel in zwei Hälften: im Westen in das weitläufige Aridanetal, Hauptgebiet für den Bananenanbau, im Osten in die Hochebenen von Las Breñas, auf denen Obstbäume, Tabak und Mais wachsen. Diese Teilung sorgt nicht nur für unterschiedliche Landschaftsbilder, sondern macht auch das Klima zu einem spannenden Erlebnis: von Osten her verfangen sich an der Luvseite (die dem Wind zugekehrte Seite) des Bergmassivs der „Cumbre“ Wolken, die sich zu einer Front verdichten und den Hang hinauf gleiten, um dann ähnlich einem gigantischen Wasserfall über den Kamm hinunter zu stürzen und sich wenig später aufzulösen. Ursache für dieses Naturschauspiel ist der Nordostpassat, der die vom Atlantik kommenden Luftmassen gegen das Bergmassiv der Cumbre drückt. Der Nutzen dieses Phänomens, das auch als „horizontaler Regen“ bezeichnet wird, zeigt sich darin, dass sich Bäume und Pflanzen aus dem Wolkenmeer Feuchtigkeit saugen und dadurch La Palma zur grünen Insel werden lassen. So hat dieser herzförmigen Insel, die eine Länge von 47 km und eine maximale Breite von 29 km besitzt, ihr Reichtum an Wasser und Wald als die grünste Insel der Kanaren die Bezeichnung «Isla verde» eingetragen.
Auf der Ostseite liegt die Hauptstadt Santa Cruz de La Palma mit gut 20.000 Einwohnern, auf der Westseite Los Llanos de Aridane, das das Wirtschaftszentrum bildet und einwohnermäßig die Hauptstadt überholt hat (22.000).
In 14 Gemeinden leben ca. 88.000 Menschen, wovon der Ausländeranteil 10 Prozent beträgt. Die Gemeinden Tijarafe, Puntagorda und Garafía liegen im nördlichen Teil der Insel und bestechen durch ihre landschaftliche Schönheit mit den grünen Terrassengärten für Obst- und Gemüseanbau, dem bekannten Teawein - der in Fässern lagert, die aus dem Kernholz (tea) der Kanarischen Kiefer gezimmert werden -, der fruchtbaren rötlichen Erde, den im Januar/Februar zauberhaft blühenden Mandelbäumen - immer mit der blauen Kulisse des Meeres im Hintergrund.
Im Nordosten der Insel liegen die Gemeinden Barlovento und Puntallana, wo sich auch der Ursprung des Biosphärenreservats La Palma befindet: Los Tilos mit seinen Feuchtigkeit spendenden Lorbeerwäldern und die Gebirgsquellen von Marcos y Cordero. Die Gemeinde Fuencaliente an der Südspitze befindet sich auf Vulkanland, auf dem auch der ausgezeichnete „Malvasía“-Wein wächst, der durch seine über das Lavagestein kriechenden und immer der Sonne ausgesetzten Rebstöcke ein fruchtiges Aroma erhält. Diesen Wein hat man übrigens nach dem Vulkan Teneguía benannt, der 1971 das letzte Mal ausgebrochen ist und den Boden für den Weinanbau geschaffen hat. In der Nähe des Leuchtturms von Fuencaliente kann man die Salinen besichtigen, wo Meersalz gewonnen wird. El Paso schließlich ist die größte Gemeinde auf der Insel, da zu ihr die meisten Landanteile der Caldera de Taburiente und der Cumbre Vieja gehören.
Abwechslungsreiches Freizeitangebot
Obwohl La Palma eine kleine Insel ist und vorwiegend Wanderfreunde anzieht, bietet sie dennoch die Möglichkeit, sich in Besucherzentren (Vulkanologisches Informa-tionszentrum in Fuencaliente, Besucherzentrum „Caldera de Taburiente“ oder Biosphärenreservat „El Canal y Los Tiles“ bei Los Sauces), Museen (Inselmuseum und Schiffsmuseum in Santa Cruz de La Palma, Seidenmuseum in El Paso, Weinmuseum in Las Manchas oder Bananenmuseum in Tazacorte) und Kunsthandwerkstätten (wie z.B. die alte Kachelmanufaktur „Arte Cuadrado“ in Fuencaliente oder das Glasbläseratelier „Artefuego“ in Argual/Los Llanos de Aridane) über die Insel, ihre Bewohner und ihre Traditionen („La Carnicería“ in San José de Breña Baja und „La Destiladera“ in San Pedro de Breña Alta) zu informieren.
Auch die interessanten Siedlungsreste und rätselhaften Felsritzzeichnungen der palmerischen Ureinwohner kann man an verschiedenen Orten (z.B. in den archäologischen Parks „La Zarza y Zarcita“ bei Garafía und „Cueva Belmaco“ bei Mazo) besichtigen und sich ein Bild über ihr Leben machen. Wer sich für Kunstgeschichte interessiert, findet in den Kirchen ungeahnte Schätze flämischer Bildhauerei und Malerei, die die Kolonisten nach der Eroberung durch die spanischen Konquistadoren (1492) aus ihrer alten Heimat (Holland und Belgien) mitbrachten. Von dieser Zeit zeugen noch die Herrschaftshäuser der Altstadt von Santa Cruz de La Palma in der Calle O’Daly und der Calle Pérez de Brito.
Die Häuserfront an der Avenida Marítima in Santa Cruz lässt mit ihren bunten Balkonen portugiesischen Einfluss erkennen. Landsitze mit riesigen Grundstücken, wie z.B. die beiden Casas de Massieu in Argual (touristisches Informationszentrum) und Tazacorte (Räumlichkeiten für Ausstellungen und kulturelle Anlässe) gehen ebenfalls in die Kolonialzeit zurück, alsnoch Zuckerrohr angebaut wurde. Bananenanbau gab es damals noch nicht auf La Palma, denn dieser wurde erst ab 1880 von den Engländern eingeführt. So klein die Insel auch ist, so hat sie dennoch viel zu bieten: La Palma hat sogar ein eigenes Sinfonieorchester, das sich in den Sommermonaten zu Konzerten erster Güte in Santa Cruz de La Palma und Los Llanos des Aridane formiert. In dieser Zeit finden hier auch Gastkonzerte klassischer Musik auf höchstem Niveau und Jazz vom Feinsten statt und auch Theater- und Opernfreunde kommen auf ihre Kosten. Doch fehlt es auch nicht an anderen Möglichkeiten, seine Freizeit auf abwechslungsreiche Weise auszufüllen: Bootsausflüge zum Seeräubernest „Cueva Candelaria“ und zur Wassergrotte „Cueva Bonita“ (mit dem Boot von Puerto de Tazacorte aus), eine Besichtigung des Astrophysischen Observatoriums (Juli/August) auf dem „Roque de los Muchachos“, ein Besuch im Vogel- oder Kakteenpark (El Paso/Los Llanos de Aridane) oder Kamelreiten in Fuencaliente beim Vulkan „San Antonio“.
Und sportliche Urlauber kommen natürlich auch nicht zu kurz: mit dem Angebot von Tennis, Motorradfahren, Biken über Wellenreiten, Tauchen, Segeln, Reiten bis hin zum Gleitschirmfliegen und Hochseefischen öffnet sich ein breites Spektrum an sportlichen Aktivitäten. Ansonsten werden die traditionellen Feste auf der Insel groß geschrieben, die man nicht verpassen sollte, denn sie sind eine gute Gelegenheit, mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt zu kommen, um ihre Fröhlichkeit und Gelassenheit kennen zu lernen. Denn auch das Alltagsleben läuft auf La Palma gemächlich ab: „tranquilo“ und „mañana“. n
Von Cornelia Bertram