|
Wie hoch ist das Risiko?
Wer mehr als 50 Gramm verarbeitetes oder 100 Gramm rotes Fleisch pro Tag konsumiert, erhöht sein Krebsrisiko um 18 Prozent. Deutschland ist eindeutig ein „Fleisch- und Wurst-Esser-Land“. Dort erkranken, laut dem Robert-Koch-Institut, jährlich etwa 63.000 Menschen an Darmkrebs. Aber mehr als die Hälfte davon ist bei der Diagnose über 70 Jahre alt. Eine 45-jährige Frau hat in Deutschland, wenn sie normal Fleisch und Wurstwaren zu sich nimmt, ein 0,3-prozentiges Risiko in den nächsten zehn Jahren an Krebs zu erkranken. Isst sie mehr dieser Ernährungsmittel, so erhöht sich ihr Risiko auf 0,4 Prozent.
Die spanischen Onkologen meldeten sich nach dem Erscheinen der neuen „Katastrophenmeldung“ ebenfalls postwendend zu Wort. Sie bezeichneten die Panikmache als völlig überzogen. An der Entstehung von Krebs seien viele verschiedene Faktoren beteiligt, die individuell unterschiedlich seien. Auch genetische Dispositionen und Stressfaktoren können eine Rolle spielen, und eben auch die Ernährung. Eine vegetarische Ernährung sehen die Onkologen in keinem Fall als eine diskutable Alternative an. Fleisch spiele durch den Gehalt an wichtigen Vitaminen, Mineralien und Proteinen eine wichtige Rolle und könne nicht ohne Weiteres ersetzt werden. Vielmehr empfehlen die spanischen Ärzte eine gesunde, ausgeglichene Mittelmeerküche. Diese Ernährungsform habe sich bewährt, was andere Studien belegen. Auch die deutsche Gesellschaft für Ernährung, DGE, empfiehlt den Fleischkonsum, aber in moderater Form. Demnach seien 300 bis 600 Gramm Fleisch- und Wurstwaren pro Woche und Person empfehlenswert. Tatsächlich essen deutsche Männer durchschnittlich aber mehr als doppelt so viel und auch die deutsche Frau liegt in der Regel etwas über der Marke. Selbst der Inselpräsident Teneriffas, Carlos Alonso, betonte, dass ein moderater Fleischkonsum kein Risikofaktor sei und die Qualität der Fleisch- und Wurstwaren auf den Kanaren streng kontrolliert würde. Auch die Hygiene- und Qualitätskontrollen sind in der Lebensmittelbranche überaus streng und auf Europastandard.
Was macht das Fleisch nun schlecht?
Fleisch kann, je nach Herkunft, mehr oder weniger belastet sein. Glyphosat beispielsweise, das bis vor Kurzem als unbedenklich galt, kam erst jetzt wieder in die Kritik und wird plötzlich ganz anders eingestuft. Es kann im Futter, Grundwasser, Boden und durch das Viehfutter auch im Fleisch auftauchen. Im März dieses Jahres veröffentlichte das medizinische Fachjournal „Lancet Oncology“ eine Studie, wonach fünf sogenannte Organophospate, wie sie bei Herbiziden und Pestiziden verwendet werden, als krebserregend eingestuft sind.
Wurst- und Schinkenprodukte, die eine schöne rote Farbe haben und dadurch für den Verbraucher gesund und frisch aussehen, sind mit Nitritpökelsalz behandelt. Auch für die Haltbarkeit ist dies wichtig und zum Teil sogar vorgeschrieben. Dabei kommen aber auf ein Kilo Speisesalz rund sechs Gramm Nitrit und damit können dann etwa 50 Kilo Fleisch gepökelt werden. Erst bei einer Temperatur von über 150 Grad, und das ist schon seit den 80er-Jahren bekannt, wird die Bildung von Nitrosaminen gefördert. Deshalb ist eine klassische Grillwurst auch weiß und das Frankfurter Würstchen nicht zum Grillen geeignet. Ob und was den Menschen in der Nahrungskette krank macht, wird durch viele verschiedene Faktoren gekennzeichnet, die immer wieder neu gemischt und verändert werden. Was heute als unbedenklich gilt, ist morgen vielleicht schon gefährlich. Nicht jeder Mensch ist gleich empfindlich und deshalb ist der Rat der Ärzte, die eine gesunde, ausgewogene, abwechslungsreiche und mediterrane Küche empfehlen wohl der „goldene Mittelweg“.