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• Wie bekommt man dieses Gutachten und wer darf es ausstellen?
Die Energiegutachten dürfen nur von Ingenieuren, technischen Ingenieuren, Architekten und technischen Architekten mit einer Zulassung in Spanien ausgestellt werden.
Im Grunde sind es fünf Schritte, die zu dem Gutachten führen: Zuerst muss man sich einen Gutachter suchen und mit diesem einen Termin vereinbaren. Dieser wird sich vor Ort ein Bild von der Immobilie machen und die einzelnen Daten aufnehmen. Im dritten Schritt erstellt er mittels eines speziellen Computerprogramms das Gutachten. Dieses wird dann im Ministerium für Industrie eingereicht, gegebenenfalls bestätigt, registriert und als PDF-Datei an den Gutachter zurückgeschickt. Dieser kann es dann dem Kunden per Ausdruck oder E-Mail übergeben.
• Worauf muss man achten, um nicht einem Betrüger aufzusitzen? Im Süden Teneriffas gab es beispielsweise Fälle, wo Immobilienbesitzer Gutachten in Auftrag gegeben und bezahlt haben, dann aber von dem vermeintlichen Experten nichts mehr gehört haben.
Der Kunde kann sich zunächst einen Nachweis geben lassen, dass derjenige, der den Service anbietet, in Spanien in der zuständigen Kammer registriert ist. Jeder Gutachter muss beispielsweise eine Haftpflichtversicherung haben. Als Zweites empfehle ich darauf zu achten, dass das erstellte Energie-Zertifikat eine Registrierungsnummer aufweist, mit der es im Ministerium für Industrie gelistet ist. Ohne diese Nummer, die eine Art amtliche Bestätigung ist, ist das Zertifikat nicht gültig. Nicht zugelassene Gutachter erhalten diese nicht. Die Registrierung ist übrigens auch ein Schutz für die Gutachter. Ich beispielsweise kassiere erst mit der Übergabe des Zertifikats. Wenn ein Immobilienbesitzer nicht bezahlt, dann kann es vom beauftragten Gutachter auch wieder annulliert werden und besitzt keine Gültigkeit mehr. Gleichzeitig mit dem Gutachten erhält der Immobilienbesitzer eine Art Aufkleber. Sie sind so ähnlich wie die, die wir bereits bei Kühlschränken und anderen Elektrogeräten der neueren Generation kennen. Sie benennen die Effizienz einer Immobilie. Die Skala reicht von „A“ als sehr gut, bis „G“ für schlecht. Das Erstellen eines Gutachtens kostet zwischen 150 und 300 Euro.
• Was beinhaltet eigentlich ein Energie-Zertifikat und worauf achten Sie, wenn Sie ein Haus begutachten?
Zunächst einmal geht es um den Aufbau der Mauer. Im Grunde genommen ist das auf den Kanaren bei fast allen Häusern gleich, denn die Bauweise ist einfach und unisono. Es gibt den typischen Bloque-Stein aus Zement. Dieser wird außen und innen mit einer Zementschicht oder manchmal innen auch mit einer Schicht Gips verkleidet. Diese Bauweise hat eine bestimmte Durchlässigkeit für Wärme und Kälte, die durch eine feste Größe vorbestimmt ist. Auf den Kanaren haben daher fast alle Häuser die schlechteste Bewertung, die Kategorie „G“. Das ist aber in diesem Fall nicht weiter schlimm, weil fast alle Häuser so gebaut sind und weil es aufgrund des milden Klimas nicht so wichtig ist, wie durchlässig der Stein ist. Auf dem Festland oder in Nordeuropa, wo es richtige Winter gibt, ist das etwas ganz anderes. Dort ist die Einstufung in diesem Bereich sehr wichtig, weil sie direkt mit den Heizkosten verbunden ist. Und diese können durch eine schlechte Bauweise enorm nach oben schnellen.
Auf den Kanaren ist das nicht so. An der Küste haben die meisten Häuser überhaupt keine Heizung und in den Bergen verfügen viele Häuser über einen Kaminofen. Das reicht in der Regel aus. Deshalb ist der Maueraufbau auf den Kanaren und eine schlechte Einstufung in dieser Kategorie hier keine große Sache. Käufer müssen sich dadurch aus den genannten Gründen auch nicht abschrecken lassen. Ausnahme sind alte kanarische Häuser, die noch mit richtig dicken Mauern aus Vulkanstein gebaut wurden. Diese sind weniger transparent und wirken temperaturausgleichend. Das heißt, die Häuser sind im Sommer angenehm kühl und im Winter kühlen sie nicht so schnell aus.
Die nächste Sache, die ich berücksichtige, ist die Ausrichtung des Hauses. Ein Haus, das sich nach Süden orientiert, wird im Winter nicht so sehr auskühlen. Dafür ist es aber auch im Sommer sehr der Sonne ausgesetzt. Umgekehrt ist es bei einer Nordausrichtung. Diese Häuser und Wohnungen sind im Sommer angenehm kühl, im Winter aber auch und müssen meist ein wenig beheizt werden. Besonders günstig ist die Ost-West-Orientierung. Denn so bekommt die Immobilie eigentlich zu jeder Jahreszeit Sonne ab, allerdings in gemäßigter Form, anstatt beispielsweise nur die pralle Mittagshitze.
Der letzte, und auf den Kanaren eigentlich wichtigste Punkt, ist der Energieverbrauch einer Immobilie. Dazu zählt die Art der Wasseraufbereitung. Wer sein Warmwasser mit einem Elektroboiler zubereitet, braucht natürlich erheblich mehr Strom, als jemand, der effizientere Methoden nutzt. Ich empfehle beispielsweise eine aerothermische Warmwasserheizung, auch Wärmepumpenheizung genannt. Dabei wird die Außenluft komprimiert, dadurch entsteht Wärme, die zur Erhitzung des Wassers genutzt werden kann. Dieses System ist in der Anschaffung teurer als ein Boiler, aber auch wesentlich energie- und umweltfreundlicher. Außerdem achte ich darauf, ob und welche Heizung benutzt wird. Ein Elektroofen als Heizung schlägt auf der Stromrechnung natürlich heftig zu Buche, während ein mit Holz oder Pellets befeuerter Kamin die Stromrechnung überhaupt nicht tangiert. In den Küstengebieten, ist es nicht die Heizung, sondern eher die eventuell vorhandene Klimaanlage, die zum Stromfresser werden kann. Nicht zuletzt werfe ich einen Blick auf die Beleuchtung. Die modernen LED-Lampen sind in der Anschaffung etwas teurer, aber verbrauchen kaum noch Strom und sind auch sehr langlebig.
• Aus all diesen Faktoren erstellen Sie dann das Gutachten?
Genau, alle zusammengetragenen Daten werden von mir in ein spezielles Computerprogramm eingegeben und dann automatisch berechnet. Dieses Vorgutachten reiche ich dann beim Ministerium für Industrie ein und erhalte dann das offizielle Endergebnis sowie die Registrierung.
• Inwiefern ist es manipulierbar? Das heißt, kann es sein, dass ich einem Freund zuliebe vielleicht eine bessere Kategorie eintrage, als eigentlich gerechtfertigt?
Das ist eigentlich nicht möglich und auch nicht nötig. Wie erwähnt sind die Mauern auf den Kanaren in der Regel gleich gut beziehungsweise schlecht, aber es spielt eben keine große Rolle. Außerdem ist es nicht so, dass die Kammer automatisch bestätigt, was ich berechnet habe. Dort kennt man die Bauweise und die dazugehörigen Werte auch. Weicht ein Gutachter davon auffallend ab, wird er korrigiert und von der zuständigen Stelle bestraft.
• Was kann ein Eigentümer machen, wenn er das Ergebnis seines Gutachtens verbessern möchte?
Zusammen mit meinem Gutachten gebe ich meinen Kunden auch Empfehlungen an die Hand, wie sie bessere Einstufungen erzielen können. Auf den Kanaren konzentrieren sich die Verbesserungsvorschläge vor allem auf zwei Faktoren, durch die am meisten bewirkt werden kann. Es handelt sich, wie oben beschrieben, um die Art der Warmwasseraufbereitung. In diesem Bereich lässt sich Effizienz am meisten und schnellsten steigern. Der zweite Faktor ist der Schutz vor der Sonne. Deshalb empfehle ich oft Markisen und Überdachungen, um die Wohnfläche im Sommer vor zu großer Sonneneinstrahlung zu schützen. Dadurch braucht man dann auch weniger Abkühlung in Form von stromfressenden Ventilatoren oder Klimaanlagen. Veränderungen an den Wänden, beispielsweise durch Verstärkungen, sind nicht so ohne weiteres möglich. Denn die Statik des Hauses ist vom Architekt auf der Basis der üblichen Bauweise berechnet. Würde jetzt jeder die Wände durch Gipswände oder Ähnliches verstärken, könnte das die gesamte Statik eines Wohnblocks gefährden. Aber oft lässt sich durch ganz einfache Methoden bis zu 60 Prozent Energie einsparen.
• Was ist, wenn ich diese Ratschläge berücksichtige? Muss ich dann noch ein zweites Gutachten machen lassen?
In diesem Fall hält man Rücksprache mit dem Gutachter, der das Zertifikat erstellt hat. Er kann dann die Veränderungen überprüfen und demzufolge eine Aktualisierung durchführen und registrieren lassen.
• Wie lange dauert es, bis das Zertifikat erstellt ist?
In der Regel dauert es bei einer Wohnung rund zwei bis drei Tage, gerechnet von der Begehung vor Ort und dem Aushändigen des Energiezertifikats. Wenn es sich um ein großes oder ein gewerbliches Objekt handelt, kann die Bearbeitung auch ein paar Tage länger dauern.
• Wie lange ist ein Gutachten gültig? Kann ich es machen lassen, bevor ich an einen Verkauf oder eine Vermietung denke, infach um die Papiere für die Immobilie vollständig und in Ordnung zu haben?
Ja natürlich kann man das Gutachten auch ohne Verkaufsabsichten machen lassen. Zum Beispiel, um es künftigen Erben zu erleichtern, die Immobilie, ohne großen „Papierkram“, zu verkaufen. Das Energiezertifikat ist zehn Jahre lang gültig. Danach muss es erneuert werden.
Aday, wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch und die umfassenden Informationen.
Wer das Ingenieurbüro von Aday Martín Gorrín für ein Energiezertifikat beauftragen möchte, kann sich unter der Telefonnummer 679 29 08 64 direkt an ihn wenden. Er spricht Spanisch und Englisch. Deutschsprachige Kunden erreichen unter der Mobilnummer 647 94 39 31 Kathy als Kontaktperson. Per E-Mail ist Aday Martin Gorrin unter ingenierosmg@gmail.com erreichbar.